Freitag, 5. Juni 2015

Soziale Agenda für den Transportsektor




Gestern fand in Brüssel eine große Konferenz zum Thema Soziale Agenda für den Transportsektor statt. Eingeladen hatten die Kommissarin für Beschäftigung, Marianne Thyssen und Verkehrskommissarin Violetta Bulc. Frau Bulc zeigte in ihrer Eingangsrede die Probleme in den verschiedenen Sektoren auf: fehlende Nachwuchskräfte, Sozialdumping und Umgehung der Lenk- und Ruhezeiten im Güterverkehr, Lohndumping und prekäre Beschäftigungsverhältnisse im Flugsektor, Scheinselbstständigkeit und Briefkastenfirmen. Im Laufe der Konferenz wurden die einzelnen Punkte von den Referenten noch einmal detailliert dargelegt. Einig war man sich, dass hier etwas geschehen muss. Als größte Probleme wurde die Nicht-Einhaltung und Umgehung bestehender Regelungen ausgemacht, sowie fehlende Kontrollen. Beide Kommissarinnen betonten, dass diese Konferenz nur der Beginn sei und versprachen, noch in diesem Jahr bzw. zu Beginn des nächsten Jahres Gesetzgebungen auf den Weg zu bringen.



Verstörend war der Auftritt eines Mitarbeiters von Ryanair. Wiederholt ergriff er aus dem Publikum das Wort und ging aggressiv gegen die Diskussionsteilnehmer vor. Unter anderem sagte er, dass es im Flugsektor kein Sozialdumping und atypische Beschäftigungsverhältnisse gebe. Da habe ich aber in letzter Zeit von Betroffenen ganz anderes gehört. Beliebtes Instrument dabei: PilotInnen werden nicht mehr direkt bei der Fluggesellschaft angestellt, sondern über Arbeitsvermittlungsagenturen rekrutiert. Die treibt PilotInnen in scheinselbständige Anstellungsverhältnisse und hilft in erster Linie einigen Fluggesellschaften bei der Vermeidung von Sozialabgaben. Auch Pay to Fly ist bei vielen Low-Cost-Airlines Realität. Junge, bereits ausgebildete PilotInnen müssen hier für ihre Flugstunden bezahlen (bis zu 50.000 Euro), um Erfahrungen beim Flug andere Flugzeugtypen zu sammeln. Dies führt bereits zu Beginn der Laufbahn zu einem hohen Schuldenberg, der Existenzängste schürt und jungen PilotInnen massiv unter Druck setzt. Daraus ergibt sich ein potentielles Risiko für die Flugsicherheit: Der finanzielle Druck treibt PilotInnen dazu einen Flug anzutreten, auch wenn dies der gesundheitlichen Zustand nicht gebietet. Hier noch einmal der Hinweis auf die sehr interessante Studie der Uni Gent, die man hier abrufen kann. Mit diesem Auftritt hat sich Ryanair keinen Gefallen getan.

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