Freitag, 7. Juni 2013

Nächste Woche im Europaparlament II - Neue Transparenz- und Offenlegungsvorschriften gegen Misswirtschaft, Korruption und Steuerflucht


Debatte Dienstag, 11.06.2013 ca. 18.00 Uhr, Abstimmung Mittwoch 12.06.2013 ab 11.30 Uhr


Hintergrund: Europäische Unternehmen beziehen Rohstoffe, wie Mineralien, Öl oder Holz, oft aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Die für den Abbau der Rohstoffe geleisteten Zahlungen an die jeweiligen Regierungen, wie etwa Steuern und Konzessionsabgaben, versickern jedoch oft durch Misswirtschaft, Korruption und Steuerflucht, oder werden zur Konfliktfinanzierung missbraucht – die Bevölkerung profitiert nicht vom Rohstoffreichtum ihres Landes und verbleibt in Armut. In der Fachliteratur bezeichnet man diese tragische Konstellation aus Rohstoffreichtum und Missbrauch häufig als ‘Fluch der Ressourcen’. Die nun erstmals verpflichtenden strengen Transparenz- und Rechnungslegungsvorschriften sind ein wichtiger Schritt, um diesen Fluch zu brechen, aber darüber hinaus auch eine entscheidende Voraussetzung bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -vermeidung in Europa.


EP-Position: Nach zähen Trilogverhandlungen mit Vertretern aus den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission konnte das Europäische Parlament eine Reihe seiner Forderungen durchsetzen und zu einer Einigung finden. Der nun zur Abstimmung vorliegende Kompromiss sieht vor, dass künftig europäische Unternehmen der mineralgewinnenden Industrie und der Forstwirtschaft ihre Zahlungen an alle nationalen, regionalen und lokalen Regierungsstellen – wie etwa Lizenzen, Konzessionsabgaben und Steuern – detailliert, länderspezifisch und für jedes einzelne Projekt veröffentlichen müssen. Vor allem Sozialdemokraten setzten sich intensiv dafür ein, diese Pflicht auf alle Wirtschaftssektoren auszuweiten, allerdings blockierte der Rat der Mitgliedstaaten diesen Vorstoß bis zuletzt. Das Parlament konnte sich dafür aber auch in der Frage zur Höhe der Wesentlichkeitsschwelle durchsetzen. Die Wesentlichkeitsschwelle der Transparenzanforderungen bestimmt die Zahlungssumme, ab der die von den Richtlinien erfassten Unternehmen der Offenlegungspflicht nachkommen müssen. Je höher die Wesentlichkeits­schwelle, desto geringer das Transparenzniveau, da bei einer zu hohen Schwelle viele Zahlungen von der Richtlinie ausgenommen wären. Das Parlament hat daher eine Wesentlichkeitsschwelle von 100 000 EUR durchsetzen können (Rat: 500 000 EUR). Auch hat sich das Parlament auf keine Ausnahmeregelungen eingelassen, wonach Zahlungen an Länder, deren Gesetze eine Offenlegung der geleisteten Zahlungen verbieten, ausgenommen werden sollten. Eine solche Ausnahmeregelung hätte eine enorme Verwässerung der Transparenzvorschriften bedeutet.


SPD-Position: Die sozialdemokratische Fraktion war in allen Bereichen, was die Reichweite und Wirksamkeit der Transparenzpflichten betrifft, richtungsweisend. Aus Sicht der SPD-Abgeordneten ist das im Trilog erzielte Ergebnis sehr zufriedenstellend und ein bahnbrechender Schritt hin zu mehr Transparenz im Rohstoffsektor. Auch von Seiten der NRO kommt viel positive Rückmeldung. Zusammen mit dem US-amerikanischen Dodd-Frank-Act wird nun ein Großteil der im Rohstoffsektor tätigen Unternehmen von weitreichenden Transparenzpflichten erfasst. Ziel ist, dass die Offenlegungspflichten langfristig gute Regierungsführung und verantwortungsvolles wirtschaftliches Handeln von Unternehmen in Entwicklungsländern fördern. Darüber hinaus versprechen sich EU wie NRO eine Strahlwirkung in Bezug auf scharfe Transparenzgesetzgebungen auch auf andere Länder (z.B. Australien, Canada, China).


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